Fleischsommelier

Botschafter des edelsten Genusses

Thilo Kleisz aus Unterschneidheim bestand in Landshut die Prüfung zum „Fleischsommelier“

Er weiß, wie trendige Flank- oder Tenderloin-Steaks geschnitten und edles Rindfleisch mit Ageingmethoden wie „Dry Aged“ oder „Whisky Aged“ veredelt werden, wie Wild zerlegt oder der perfekte Garpunkt auf dem Grill erreicht wird. Auch mit Ethik in der Tierhaltung und neuesten Verbraucherschutzrichtlinien kennt er sich aus: Thilo Kleisz aus Unterschneidheim ist „Fleischsommelier“. Der 45-Jährige, hat 1995 die Meisterprüfung und 2002 den Betriebswirt des Handwerks ebenfalls in Landshut absolviert und wurde mit dem Meisterpreis der Bayrischen Staatsregierung ausgezeichnet. 2012 hat Thilo Kleisz die elterliche Metzgerei übernommen. Jetzt holte er sich dieses Fortbildungsprädikat bei einem Kurs an der 1. Bayerischen Fleischerschule in Landshut.

Dabei befand sich der lerneifrige Handwerker in exklusiver Gesellschaft: Dieses neuntägige Intensivtraining für Gehirnzellen und Geschmacksnerven war auf 20 Teilnehmer beschränkt und lockte berufserfahrene Metzgermeister und Verkaufsleiter an, aber auch Köche und andere Praktiker im Fleischereibereich. Vier Damen und 16 Herren im Alter von 22 bis 57 Jahren nahmen teils lange Wege auf sich – aus Bayern und Baden-Württemberg, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und sogar aus Österreich und Luxemburg kamen sie zum Büffeln an die Isar.

An der 1928 gegründeten Bildungseinrichtung erlebten sie Vorträge, Workshops und Exkursionen unter Leitung internationaler Fleischexperten – von Produktion und Kulinarik bis Marketing, aber auch Verkostungen rarer Fleischsorten wie Wagyu aus Japan.

Als „absolute Experten des edlen Rohstoffs Fleisch“ von der Erzeugung bis zur Vermarktung und perfekte Kundenberater würdigte Konrad Treitinger, Vizepräsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, die Absolventen nun bei einer Feier vor gut 200 Gästen in den Bernlochner Stadtsälen in Landshut.

Schul-Geschäftsführerin Barbara Zinkl hob hervor, dass der französische Ausdruck „Sommelier“ (zu Deutsch „Mundschenk“) auf dessen hohe Beratungskompetenz verweise. Und gerade in Zeiten der Globalisierung mit steigender Produktauswahl würden die Ansprüche der Kunden daran immer höher. Damit könnten Fachgeschäfte und das Handwerk punkten.

Übergabe des Zertifikates in Landshut:
Thilo Kleisz (2. v.l.) aus Unterschneidheim gratulierten Schul-Geschäftsführerin Barbara Zinkl (r.), Schul-Gesellschafter Georg Zinkl (l.) und Sensorik-Dozent Dipl-Ing. Manfred Winkler zur bestandenen Prüfung.

Nach der Übergabe ihrer Zertifikate überraschten die Absolventen Schulverantwortliche und Dozenten mit einem originellen Abschiedsgeschenk – der Patenschaft für ein Schwein, das auf dem Hof eines Kursteilnehmers in Oberbayern heranwächst.


Metzgermeister Thilo Kleisz trägt einen Titel in edler Fleischkunde

Unterschneidheim (Rieser Nachrichten)
Seit zwei Jahren gibt es in Deutschland den Titel Sommelier nicht mehr nur fachkundige Weinexperten, sondern auch für Metzger, die ihre Kenntnisse um edles Fleisch weiter vertiefen. Metzgermeister Thilo Kleisz aus Unterschneidheim ist seit kurzem Sommelier, denn: „Ich habe den Ehrgeiz, Hobbygrillern, die sich zum Teil viel Wissen aneignen, wirklich jede Frage beantworten zu können.“

Thilo Kleisz ist Metzger aus Leidenschaft und wuchs in das Handwerk hinein, denn sein Vater ist von Beruf Metzger. Als er sich Anfang der 80-er Jahre mit dem Laden im Heimatort selbstständig machte, war Thilo Kleisz knapp zehn Jahre alt. Das war seine Welt, ein Praktikum als Eisenbahn-Beamter im Mittleren Nichttechnischen Dienst kam dagegen nur einige Tage lang an. Sein Vater drängte ihn nie zu dem Beruf, doch er trat eine Metzgerlehre in Lauchheim an, arbeitete dann in einer Metzgerei in Trochtelfingen und fing nach der Bundeswehrzeit im Betrieb zuhause an; die Eltern sind heute noch aktiv dabei. 1995 machte er in Landshut seinen Meister, später absolvierte er dort auch noch die Prüfung zum Betriebswirt im Handwerk. Im Geschäft legte er seinen Schwerpunkt auf Kochen und Zubereitung, weitete den Catering-Service immer mehr aus, kann Feste mit bis zu 400 Gästen versorgen.

Die Entwicklungen in der Fleisch-Kultur brachten ihm und dem Familienbetrieb nur Vorteile: Als die Supermärkte ihre Billig-Schiene fuhren und ein großer Markt am Ort eröffnete, hatte man nur kurz Bedenken – der Supermarkt zog viele Leute an, von denen etliche auch Kunden in der Metzgerei Kleisz wurden. Heute wandelt sich die Strategie der Supermärkte - sie tun es den Metzgereien nach und werben mit Qualität und zum Teil sehr teuren Prestige-Fleischsorten. Thilo Kleisz griff den Edel-Grill-Trend längst auf, installierte einen Dry Ager-Reifeschrank, wo er das Rindfleisch vor den Augen der Kunden wochenlang nachreifen lässt. Heuer absolvierte er den Sommelier-Kurs in Landshut, wo es neben umfassender Theorie und Sensibilisierung des Geschmackssinns vor allem um neue Schnitte (neudeutsch: Cuts) ging, mit denen man das ganze Tier effektiv nutzen kann. So verläuft beispielsweise eine dicke Sehne unter dem Bugblatt in der Schulter, weshalb man das Fleisch dort bislang nur für die Suppe nahm. Mit einem neuartigen Cut lassen sich nun zwei flache Teile hochwertiges Grillfleisch heraus lösen. Kleisz testete neue Reifeverfahren mit Asche, Whisky oder Mineralwasser und neue Zubereitungsarten, mit denen man beispielsweise durch das Sous-Vide-Verfahren per Vakuumbeutel im Wasserbad bei niedriger Temperatur aus bisher verschmähtem Ochsenbacken-Fleisch eine Delikatesse fürs Sterne-Restaurant machen kann.

Tatsächlich ergeben sich nun mit Kunden immer detailliertere Gespräche zur hohen Kunst des Grillens. Einige wenige Grundregeln vom Sommelier: Auf dem Grill zwei unterschiedliche Temperatur-Zonen schaffen, das Fleisch erst bei niedriger Temperatur aufwärmen und dann bei voller Hitze auf jeder Seite eine Minute anbraten. Ein Hauptfehler sei oft, das Fleisch vorher zu würzen und dann zu heiß zu braten; dann verbrennen die Gewürze und beispielsweise der Pfeffer wird bitter. „Sehr gutes Steak braucht als Gewürz nur sehr gutes Salz“, rät Kleisz, „beispielsweise englische Salzflocken, die schmelzen und knusprig werden.“ Auf die Frage, ob der Edel-Grill-Boom vielleicht nur ein Modetrend ist, hat er eine überraschende Antwort: „Experten sagen, das ist nur der Anfang. Der Trend geht zum Barbecue, also dem Grillen großer Teile, die dann nach und nach aufgeschnitten werden. Auch der Zweitgrill wird kommen bis hin zur Zweitküche im Freien, wo man das gesamte Menü zubereiten kann.“

Gesund sei anspruchsvolles Grillen allemal.